Burhan Alchoufi leitet Apotheke in Neuhof / Kreisjobcenter unterstützt Familie nach Flucht aus Syrien

Burhan Alchoufi leitet seit 2018 die Bahnhof Apotheke in Neuhof.
Foto: Fotostudio Lippert

FULDA (lai). Burhan Alchoufi (39) lebt seit Januar 2015 mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Deutschland. Über den Oman ist er aus Syrien geflüchtet und leitet heute die Bahnhof Apotheke in Neuhof.

„Uns war wichtig, dass wir in einem Land leben, in dem wir auch wirklich arbeiten können und nicht auf Leistungen vom Staat angewiesen sind“, erläutert Alchoufi, der rasch nach seiner Flucht als politischer Flüchtling in Deutschland anerkannt wurde. „Denn ich liebe meine Arbeit als Apotheker – auch wenn der Weg bis hinter den Apothekertresen in Deutschland ein langer war.“

Studiert hat der heute 39-Jährige an der Universität Damaskus in Syrien. 2002 arbeitete er erstmals als Apotheker. Im Juni 2012 folgte schließlich die Flucht in den Oman, wo die vierköpfige Familie aber keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung bekam. Über Sammelunterkünfte in Gießen, Kirchheim und Rommerz kam Familie Alchoufi schließlich nach Neuhof, wo sie seitdem in einer eigenen Wohnung leben.

Arbeiten war trotzdem erst einmal nicht möglich: Im September 2015 hat Burhan Alchoufi begonnen, die Deutsche Sprache zu lernen. Zudem musste seine Berufsausbildung in Deutschland anerkannt werden. Unterstützt wurde er dabei vom Kreisjobcenter, das ihm einen Kurs für spezielle Rechtsgebiete bei Apothekern sowie einen Intensivkurs für pharmazeutische Praxis ermöglichte. „Es ist wichtig, dass jemand an einen glaubt und man unterstützt wird“, lobt Alchoufi die Hilfsbereitschaft im Kreisjobcenter. Im November 2016 erhielt er die zweijährige Berufserlaubnis als Apotheker unter Aufsicht.

„Dass ich dann einen Job gefunden habe, war Glück“, sagt der 39-Jährige, der im Internet eine Stellenausschreibung von Dr. Stefan Wagner in der Hirsch-Apotheke in Fulda gesehen hat. „Ich habe ihm meinen Lebenslauf geschickt und bin kurzerhand direkt zu ihm gefahren, wo Herr Wagner mich schon mit meinem Lebenslauf in der Hand begrüßt hat“, denkt Alchoufi zurück. Wagner gab ihm den Job. „Ich wollte ihn gerne unterstützen und ihm die Chance auf einen Job geben. Im Gegenzug hat er mir ebenfalls geholfen, da ich händeringend einen Apotheker gesucht habe“, sagt Dr. Stefan Wagner, der Alchoufi direkt am ersten Tag forderte. „Ich war ab dem ersten Tag vorne im Verkauf und nicht wie ich dachte hinten. Das hatte ich nicht erwartet“, sagt Alchoufi stolz.

Aber es war nicht immer leicht. Es gab Situationen, in denen Alchoufi nicht verstand, was die Kunden brauchten. „Meine Kollegen haben mir aber immer geholfen. Sie sind nicht nur meine Kollegen, sondern auch mein soziales Umfeld und meine Freunde hier in Deutschland“, sagt Alchoufi, der seine Großfamilie in Syrien zurücklassen musste. „Flüchten bedeutet, dass es kein Zurück gibt. Eine Flucht ist eine Trennung vom eignen Land. Die Arbeit und meine Freunde helfen, das zu akzeptieren.“ Auch wenn er seine Familie in Syrien vermisst, war die Flucht die richtige Entscheidung: „Menschen in Syrien verlieren ihre Kinder, ihre Verwandten und Freunde, weil sie im Krieg sterben. Wir leben noch – das ist das allerwichtigste“, sagt Alchoufi, der die Flucht nach Deutschland mit seiner Frau und seinen beiden Kindern nie bereut hat.

Hilfe beim Erlernen der Fachbegriffe, Gesetze, Regelungen und Selbstmedikationsgrenzen in Deutschland bekam er neben dem Kreisjobcenter auch von seinen Kollegen in der Apotheke. In der Zeit unter Aufsicht hatte er die Möglichkeit, seine Approbation in Deutschland zu erhalten. „Das hieß für mich lernen, lernen, lernen. Ich habe mir vieles selbst beigebracht“, sagt der 39-Jährige stolz. In Deutschland sei alles ganz anders als in Syrien. Die Regelungen seien viel genauer. „Impfungen oder Insulin gab es in syrischen Apotheken beispielsweise gar nicht. Diese Arzneimittel wurden von der Regierung verteilt“, erläutert der Syrer. Im Februar 2018 erhielt er seine Approbation und damit seine Anerkennung als Apotheker, im Mai 2018 übernahm er die Leitung in der neu eröffneten Filiale in Neuhof.

Und er liebt seine Arbeit in Neuhof. „Mein Onkel war schon Apotheker und ich habe ihn als Kind oft in seiner Apotheke besucht. Das hat mir gefallen. Einen weißen Kittel tragen, Leute beraten und Cremes herstellen – das war mein Traum. Ich bin dankbar, dass ich ihn heute auch in Deutschland leben kann.“

Bahnhof Apotheke
Bahnhofstraße 7, 36119 Neuhof
Telefon: 06655 – 9868613
www.wagner-apotheken.com